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05/12/2025 1 Minute Flowtly Redaktionsteam

Unternehmensformen in Deutschland: Worauf es für Gründer ankommt

Wer in Deutschland ein Unternehmen gründen will, steht früh vor einer Entscheidung: Welche Rechtsform soll es sein? Diese Wahl ist nicht bloß ein bürokratischer Schritt – sie bestimmt, wie viel Eigenkapital du brauchst, wie du haftest, wie flexibel du bist, welche Steuern du zahlst und wie Investoren oder Kunden dich wahrnehmen.

Es gibt keine „beste“ Rechtsform – aber es gibt klar bessere und schlechtere Optionen, je nachdem, was du vorhast. Ein Solo-Freiberufler braucht andere Strukturen als ein skalierbares Tech-Start-up oder ein Handwerksbetrieb mit fünf Gesellschaftern. Der folgende Überblick hilft dir, die Grundlagen zu verstehen und typische Fehler zu vermeiden.

Überblick: Welche Unternehmensformen gibt es?

Hier die wichtigsten Rechtsformen, die Gründer in Deutschland wählen können:

Rechtsform Kurzbeschreibung
Einzelunternehmen Für Solo-Gründer ohne Partner; einfache Anmeldung, volle persönliche Haftung.
GbR „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ – einfache Gründung zu zweit oder mit mehreren; keine Haftungsbegrenzung.
OHG Offene Handelsgesellschaft – wie GbR, aber mit Handelsregistereintrag und höherem Geschäftsvolumen.
KG Kommanditgesellschaft – Kombination aus voll haftenden Gesellschaftern und Investoren (Kommanditisten).
GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung – sehr häufig; haftungsbeschränkt, ab 25.000 € Stammkapital.
UG (haftungsbeschränkt) „Mini-GmbH“ ab 1 € Stammkapital; haftungsbeschränkt, aber mit Rücklagenpflicht.
AG Aktiengesellschaft – aufwendig, ab 50.000 € Grundkapital, geeignet für große Unternehmen.
eG Eingetragene Genossenschaft – für kooperative Projekte; demokratische Struktur, eigenes Vermögen.

Im nächsten Kapitel vergleichen wir diese Formen im Detail – nach Haftung, Kapitalbedarf, Besteuerung und Aufwand.

Vergleich der Unternehmensformen im Überblick

Die Wahl der Rechtsform hängt stark davon ab, wie viel Risiko du tragen willst, ob du allein gründest, wie komplex dein Vorhaben ist – und wie viel Kapital du mitbringst. Hier eine kompakte Vergleichstabelle der gängigsten Formen:

Rechtsform Haftung Mindestkapital Besteuerung Gründungsaufwand Geeignet für
Einzelunternehmen Unbeschränkt, mit Privatvermögen Kein Mindestkapital Einkommensteuer (EÜR) Gering (Gewerbe- o. Freiberufler-Anmeldung) Solo-Gründer, Freiberufler, Kleingewerbe
GbR Unbeschränkt, alle Gesellschafter Kein Mindestkapital Einkommensteuer (pro Kopf) Gering, formloser Vertrag genügt Zwei oder mehr Personen, einfache Projekte
OHG Unbeschränkt, gesamtschuldnerisch Kein gesetzliches Einkommensteuer Mittel – Handelsregisterpflicht Gewerbliche Teams mit größerem Umsatz
KG Komplementär: voll haftend
Kommanditist: nur mit Einlage
Kein gesetzliches Einkommensteuer Mittel – Handelsregister, Gesellschaftsvertrag Kapital + operative Partner
GmbH Beschränkt auf Gesellschaftsvermögen 25.000 € (12.500 € bei Gründung) Körperschaftsteuer (plus GewSt) Hoch – Notar, HR, Verträge Standard für KMU, skalierbare Unternehmen
UG (haftungsbeschränkt) Beschränkt auf Gesellschaftsvermögen Ab 1 € Körperschaftsteuer Mittel – Notar, HR, Mustervertrag möglich Günstiger GmbH-Einstieg, Start-ups
AG Beschränkt auf Gesellschaftsvermögen 50.000 € Körperschaftsteuer Sehr hoch – komplexe Struktur Große Unternehmen, Börsengang geplant
eG Beschränkt auf Genossenschaftsvermögen Variabel (je nach Satzung) Körperschaftsteuer (vergünstigt) Hoch – demokratische Struktur, Register Soziale oder gemeinschaftliche Projekte

Einzelunternehmen

Das Einzelunternehmen ist der direkte Weg in die Selbstständigkeit. Du meldest dich beim Gewerbeamt oder – als Freiberufler – direkt beim Finanzamt an. Kein Kapital notwendig, keine notarielle Beurkundung, keine Verträge. Du haftest allerdings mit deinem gesamten Privatvermögen.

Vorteile:
- Schnell und einfach gestartet
- Kaum Bürokratie
- Volle Kontrolle

Nachteile:
- Volle Haftung bei Schulden
- Geringere Außenwirkung als GmbH
- Schwerer skalierbar (z. B. keine Investorenbeteiligung)

Wenn du erstmal „klein loslegen“ willst – etwa als Designerin, Handwerker, Coach oder Entwickler – ist das Einzelunternehmen oft der praktikabelste Einstieg.

Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

Die GmbH ist die klassische Rechtsform für kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland. Sie bietet Haftungsbegrenzung auf das Gesellschaftsvermögen und gilt als seriöse, professionelle Struktur – bei Kunden, Investoren und Banken. Das Mindeststammkapital beträgt 25.000 €, wovon bei der Gründung mindestens 12.500 € eingebracht werden müssen.

Vorteile:
- Volle Haftungsbeschränkung (außer bei Pflichtverletzungen)
- Professionelles Auftreten, hohe Akzeptanz
- Flexibel in der Geschäftsführung (auch Ein-Personen-GmbH möglich)

Nachteile:
- Gründung aufwendiger: Notar, Gesellschaftsvertrag, Handelsregister
- Buchführungs- und Bilanzierungspflicht
- Höherer Verwaltungsaufwand als bei Personengesellschaften

Geeignet für: Unternehmen mit Wachstumsperspektive, klaren Strukturen und dem Wunsch nach Haftungsschutz. Auch geeignet für die Zusammenarbeit mit Investoren.


Kommanditgesellschaft (KG)

Die KG ist eine Personengesellschaft, bei der es zwei Arten von Gesellschaftern gibt: Komplementäre (voll haftend) und Kommanditisten (nur haftend mit ihrer Einlage). Das macht sie attraktiv für Gründer, die operativ tätig sein wollen, aber Kapital von stillen Investoren benötigen.

Vorteile:
- Trennung von Kontrolle und Kapital möglich
- Kommanditisten haften nur mit Einlage
- Kein Mindestkapital vorgeschrieben

Nachteile:
- Komplementär haftet voll – oft wird eine GmbH als Komplementär zwischengeschaltet (GmbH & Co. KG)
- Gründung und Verträge sind komplexer als bei GbR oder OHG
- Steuerlich Personengesellschaft: Gewinne unterliegen der Einkommensteuer

Geeignet für: Unternehmer, die Investoren ohne Mitspracherecht einbinden wollen oder langfristig eine Familienstruktur mit Kapitalgebern schaffen möchten.

Offene Handelsgesellschaft (OHG)

Die OHG ist die logische Weiterentwicklung der GbR für gewerbliche Tätigkeiten mit größerem Umfang. Sie ist rechtsfähig, muss ins Handelsregister eingetragen werden und verlangt eine doppelte Buchführung. Alle Gesellschafter haften voll und solidarisch mit ihrem Privatvermögen.

Vorteile:
- Klare Struktur, rechtlich als eigene Einheit anerkannt
- Alle Gesellschafter dürfen mitgestalten und vertreten
- Keine Kapitalvorgabe – Start ohne Einlage möglich

Nachteile:
- Volle persönliche Haftung jedes Gesellschafters
- Komplexere Buchführungspflichten
- Weniger geeignet für stark risikobehaftete Geschäftsmodelle

Geeignet für: Teams mit Vertrauen und klarem Geschäftsfokus, z. B. im Handel oder Handwerk – sofern Haftung kein Problem ist.


Aktiengesellschaft (AG)

Die AG ist eine Kapitalgesellschaft mit hohem formalen Aufwand. Sie eignet sich für große Unternehmen oder solche mit Expansionsplänen, bei denen Beteiligungskapital eingeworben oder ein Börsengang angestrebt wird. Das Grundkapital muss mindestens 50.000 € betragen.

Vorteile:
- Trennung von Eigentum und Leitung möglich
- Zugang zu Kapitalmärkten, Aktienausgabe
- Hohe Reputation und Professionalität

Nachteile:
- Komplexe Gründung (Notar, HR, Aufsichtsrat, Hauptversammlung)
- Teure laufende Verwaltung und Publizitätspflichten
- Nicht flexibel im Vergleich zu GmbH oder UG

Geeignet für: Unternehmen mit großem Kapitalbedarf, geplanter Börsennotierung oder vielen Anteilseignern. Für klassische Start-ups meistens überdimensioniert.

Eingetragene Genossenschaft (eG)

Die Genossenschaft ist eine Unternehmensform für gemeinschaftliche Projekte, bei denen wirtschaftlicher Erfolg und demokratische Mitbestimmung im Mittelpunkt stehen. Mindestens drei Mitglieder gründen gemeinsam eine eG, jedes mit einer Stimme – unabhängig vom Kapitalanteil. Die Haftung ist in der Regel auf das Vermögen der Genossenschaft beschränkt.

Vorteile:
- Demokratische Struktur: 1 Mitglied = 1 Stimme
- Guter rechtlicher Rahmen für Gemeinschaftsprojekte
- Haftungsbeschränkung ähnlich wie bei GmbH

Nachteile:
- Aufwendige Gründung und Eintragung im Genossenschaftsregister
- Pflicht zur Prüfung durch Genossenschaftsverband
- Weniger bekannt in der klassischen Startup-Welt

Geeignet für: Zusammenschlüsse in sozialen, ökologischen oder regionalen Kontexten – z. B. Wohnprojekte, Energiegenossenschaften oder gemeinschaftlich getragene Läden und Dienstleister.

Entwicklung der Gründungszahlen (2014–2024)

Die folgende Tabelle zeigt die geschätzten Neugründungen pro Unternehmensform in Deutschland über die letzten zehn Jahre:

Jahr Einzelunternehmen GmbH UG GbR OHG KG AG eG
2014 280.000 85.000 18.000 35.000 2.000 5.000 800 900
2015 290.000 88.000 22.000 36.000 2.100 5.200 850 950
2016 295.000 90.000 25.000 37.000 2.200 5.300 900 1.000
2017 285.000 93.000 28.000 34.000 2.000 5.100 920 1.050
2018 275.000 95.000 31.000 32.000 1.900 5.000 950 1.100
2019 260.000 97.000 33.000 31.000 1.800 4.800 970 1.150
2020 250.000 99.000 36.000 30.000 1.750 4.700 980 1.200
2021 245.000 102.000 38.000 29.000 1.700 4.600 990 1.250
2022 240.000 105.000 39.000 28.500 1.650 4.500 995 1.300
2023 235.000 108.000 40.000 28.000 1.600 4.400 1.000 1.300
2024 230.000 110.000 41.000 27.500 1.550 4.300 1.000 1.300

Die visualisierte Entwicklung der Anteile je Rechtsform findest du COMINGSOON.

Unternehmensformen

Was heißt das für Gründer?

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache:

  • Einzelunternehmen dominieren – aber der Trend ist leicht rückläufig. Immer mehr Selbstständige wollen begrenzte Haftung.
  • Die GmbH bleibt stabil beliebt – sie gilt als solide, zuverlässig und wachstumsfähig.
  • Die UG legt stetig zu – sie ist besonders unter digitalen Gründern beliebt, die professionell auftreten wollen, aber noch kein großes Startkapital haben.
  • Klassische Personengesellschaften wie GbR, OHG, KG verlieren langsam an Bedeutung – sie sind heute nur noch in sehr spezifischen Fällen sinnvoll.
  • AGs und eGs bleiben Nischen – hohe Anforderungen und spezielle Zielgruppen.

Für viele Gründer lohnt sich heute der Einstieg über eine UG oder GmbH. Wer ganz klein starten will, kann mit einem Einzelunternehmen beginnen – sollte aber die Haftungsfrage im Auge behalten. Sobald Mitarbeitende dazukommen oder Investitionen nötig werden, ist eine Kapitalgesellschaft meist sinnvoller.

Fazit: Welche Rechtsform passt zu wem?

Die Wahl der Rechtsform ist keine reine Formsache – sie hat Folgen für Haftung, Steuern, Außenwirkung und deine Flexibilität. Hier eine pragmatische Einschätzung:

Wenn du allein startest, ohne großes Risiko:

Einzelunternehmen
Günstig, einfach, schnell. Aber: keine Haftungsgrenze.

Wenn ihr zu zweit oder dritt ein kleines Projekt starten wollt:

GbR
Unkompliziert, kein Kapital nötig. Aber jeder haftet für alles.

Wenn du mit wenig Kapital professionell gründen willst:

UG (haftungsbeschränkt)
Solide Außenwirkung, Schutz vor Privatinsolvenz. Ideal für digitale oder beratende Geschäftsmodelle.

Wenn du langfristig aufbauen, wachsen und ernst genommen werden willst:

GmbH
Kostet mehr, lohnt sich aber für viele. Standard bei Investoren, Banken und Geschäftspartnern.

Wenn ihr viele Mitglieder seid und demokratisch wirtschaften wollt:

eG
Super für Genossenschaftsideen, Wohnprojekte, Energie, Food-Coops usw. Aber nicht für schnelle Gründungen.

Wenn ihr Kapitalgeber einbinden wollt, ohne Einfluss abzugeben:

KG
Kann sinnvoll sein – oft in Form einer GmbH & Co. KG.

Wenn ihr sehr groß denkt, skalieren wollt und Kapitalmärkte anpeilt:

AG
Nur für Großprojekte. Alles andere ist Overkill.


Letzter Gedanke

Form folgt Funktion. Starte nicht mit der Rechtsform, sondern mit deiner Idee, deinem Team, deinem Markt. Dann such die Struktur, die dazu passt – nicht die, die sich gerade trendy anhört.

Und vor allem: mach’s nicht komplizierter, als es sein muss. Gute Unternehmen wachsen mit der Zeit. Die Rechtsform auch.

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